Als ich am Montag Abend erfahren habe, dass auch an uns der Kelch einer Notunterbringung von Flüchtlingen in einer Schule nicht vorbei gehen würde, habe ich schon entsprechende Kommentare befürchtet. Bisher waren wir in Gelsenkirchen noch in einer recht ruhigen Lage, was man zum Beispiel daran sehen konnte, dass unsere Unterbringungen für Flüchtlinge nicht auf der unsäglichen Google Karte mit Asylheimen auftauchten. Grund: Es sind eben keine Massenunterkünfte, sondern ganz normale Wohnhäuser. Da weiß man nicht, wogegen man sein muss.
Vor einiger Zeit hatte ich bereits aus Hagen gehört, wo über Nacht 350 Flüchtlinge aufgenommen werden mussten und dafür vorrüber gehend eine Schule genutzt wurde. Bei den GRÜNEN hatten wir nicht nur deshalb geplant dieses Thema bei einer der nächsten Sitzungen konkret zu besprechen. In Gelsenkirchen war es jetzt offenbar ähnlich: Montag Abend kam die Meldung, dass 150 Flüchtlinge in Gelsenkirchen ankommen und soviel Wohnraum hatte man dann offenbar nicht mal eben vorrätig. Also die Lösung in einer ehemaligen Hauptschule – zum Glück mit der Aussage, dass diejenigen, die hier in Gelsenkirchen bleiben entsprechend dezentral untergebracht werden sollen.
Trotzdem ging es heute bei einem Artikel von Radio Emscher Lippe heiß her und ich habe gegen meine eigene Regel verstoßen nicht mit zu diskutieren, denn normal regt das ja nur auf. Dennoch ging es nicht anders: Nach dem Statement „Hauptsache Deutschland hilft der ganzen Welt, weil uns diese Nazi Scheiße immer noch nach hängt.“ (fb) musste ich doch ein „Genau. Bekanntlich sind alle Flüchtlinge dieser Welt nur in Deutschland untergebracht!“ (fb) los werden.
Leider hört es damit nicht auf. Und es kommen immer die gleichen „Argumente“: Es müsse doch zunächst mal was für Deutsche gemacht werden, wir hätten doch genug eigene Probleme. Man würde Schulen und Sportplätze schließen, aber dafür sei Geld da. Oder dass es ja nur Männer sein, die kommen würden. Generell oft auch der Wirtschaftsflüchtling, gegen den Kriegsflüchtling habe man ja nichts – naja, angesichts dass es laut WAZ in erster Linie Flüchtlinge aus Syrien, dem Iran oder Irak waren, spielt das aber weniger eine Rolle. Einer sprach gar vom Genozid am deutschen Volk. Naja, aber da geht es wahrscheinlich um viel mehr als 150 Flüchtlinge, die jetzt gekommen sind.
Generell wird ja viel in einen Topf geworfen: Flüchtlinge, Rumänen und Bulgaren und bei manchem eben auch der Türke um der Ecke, der aber schon länger hier lebt, als man selber vielleicht auf der Welt ist. Vielleicht zu ersten beiden nochmal die Trennung: Rumänen und Bulgaren sind Bürger der Europäischen Union und haben dadurch das Recht sich im Gebiet der EU aufzuhalten und zu arbeiten, wo sie dies wollen. So wie jeder Deutsche jederzeit in Frankreich, Spanien, England oder auch Rumänien anfangen könnte zu arbeiten, können die das auch. Ein wie ich finde auch nicht zu unterschätzendes Gegengewicht dazu, dass wir Deutsche unsere Waren in Europa wie wild exportieren können. Aber das ist ein anderes Thema 😉
Flüchtlinge sind diejenigen, die sich auf das Asylrecht berufen und Hoffen Schutz und Unterkunft in Deutschland zu bekommen. Wenn der Antrag durchkommt bekommen sie weniger Geld als Hartz IV und leben danach auch nicht in Saus und Braus in Deutschland. Und ja, darunter gibt es solche, die von falschen Hoffnungen oder falschen – vielleicht illegalen – Beratern hier her getrieben wurden und nicht die Anforderungen des Asyls entsprechen. Man mag darüber streiten, ob das richtig ist oder nicht und ob nicht beispielsweise bei Roma der Schutzfaktor angesichts der Verfolgung vor Ort doch stärker auch öffentlich deutlich gemacht werden sollte, aber sei es drum. Die Frage ist nur, was das betonen dieser Tatsache anderes bedeuten soll, als zu Generalisieren. Immer wenn ich diese Aussage lese frage ich mich, woher der Schreiber wissen will, was die einzelne Person zur Flucht angetrieben hat. Die meisten wissen nichtmal, woher die Flüchtlinge genau kommen. Wie gesagt: Die WAZ schrieb heute, dass es in erster Linie Flüchtlinge aus Iran, Irak und Syrien seien. Wohl kaum Wirtschaftsflüchtlinge.
Achso und zum lieben Geld nur eine Zahl: 0,5 Prozent des Bundeshaushaltes wird für Flüchtlinge ausgegeben. Menschlichkeit und soziale Gerechtigkeit kostet eben ihr Geld, aber es ist auch nicht so, dass es einen massiven Einfluss hat. Arbeitslosigkeit beschäftigt den Staat viel mehr und niemand käme ernsthaft auf die Idee dies abzuschaffen. Aber es ist immer die gleiche Leier: Erst spielt man Geringverdiener gegen Arbeitslose aus, jetzt arme RentnerInnen oder Kinder gegen Flüchtlinge. Man vergisst dabei eins: Es geht um Menschenleben. Ein reiches Land wie Deutschland sollte die Möglichkeit haben für beides zu sorgen: Soziale Gerechtigkeit im Inneren und Hilfsbereitschaft für Flüchtlinge. Eigentlich auch genügend Entwicklungshilfe für die Länder um Fluchtursachen zu bekämpfen, aber auch hier gilt: Anderes Thema.
Zurück nach Gelsenkirchen und mal einen anderen Blick, denn zum Glück gibt es ja auch andere Berichte und ich wage zu hoffen, dass dies auch die Mehrheit ist. Beispiel:
Der Aufruf von Oberbürgermeister Frank Baranowski, die gestern in Gelsenkirchen eingetroffenen Flüchtlinge zu unterstützen, hat unterdessen eine große Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst. So organisierten der Elternbeirat und die Leitung der benachbarten Kita Mehringstraße eine Sammelaktion für Spielsachen, da auch Kleinkinder unter den Flüchtlingen sind. Am Nachmittag überbrachten die Kindergartenkinder zwei Waschkörbe voller Spielzeug zur Unterkunft in der Hauptschule an der Mehringstraße.
Aber auch diese Eindrücke von Wolfgang Schieren vom Roten Kreuz