Der Untersuchungsausschuss zum Jugendamtsskandal neigt sich seinem Ende zu. Gestern ging er nur noch 3 Stunden. Und auch davon hätte man sich einiges sparen können. Irgendwann sind alle zugänglichen Quellen durchgesehen und wenn keine Gäste kommen, gibt es auch niemanden zu befragen. Bevor ich aber weiter Einsteige der Hinweis auf das Blog-Protokoll der Sitzung von gestern, welches trotz Parteiseite wie immer möglichst objektiv und umfassend von mir verfasst wurde.
Ich springe auch etwas in meinem Bericht, weil ich zunächst auf die inhaltlich neuen Punkte der Sitzung eingehen will. Zugegeben, das ist nicht viel und eher Details, aber trotzdem nicht weniger interessant:
Wissen über Besitzverhältnisse am Reiterhof
Im Vorbericht hatte ich ja schon darauf hingewiesen, dass es in einer Antwort auf eine Anfrage von Sascha Kurth (CDU) einen Passus gibt, nach der 9 Mitarbeiterinnen der Stadt bei Ferienfreizeiten auf dem Reiterhof in Orfü gewesen wären und drei sogar davon wussten, dass Wissmann und Meißner hier Ferienwohnungen besaßen.
Diese kurze Info kam eben nach mehreren schriftlichen Anfragen auf den Tisch, ist aber meiner Ansicht nach nicht ganz unerheblich. Bei Frings wird in Kündigungsverfahren angeführt, er habe aufgrund des engen Arbeitsverhältnis mit Wissmann wissen müssen, dass er dort Besitz habe. Einen Beweis dafür hat die Stadt nicht und es ist nur einer von vielen Bausteinen deren Kündigungsbegründung.
Den Mitarbeiterinnen sei nicht bekannt, ob diese Wohnungen mit vermietet wurden oder kostenloser Bestandteil der Freizeiten waren. Geschenkt, es geht mir nicht um personelle Konsequenzen daraus für einzelne Mitarbeiter, das hatte ich früher glaube ich schonmal gesagt. Spannend ist doch trotzdem die Frage, ob das als normal angesehen wurde, ob es an andere Stellen gemeldet wurde, ob es Flurgespräche dazu gab und wie bekannt das am Ende war. Wenn man die Logik der Stadt im Kündigungsverfahren bei Frings anwendet, müssten in den Jahren viele Leute davon erfahren haben, wenn sie eng mit Leuten zusammenarbeiteten, die davon wussten und bestimmt auch mal über Vorgesetzte plauderten. Und dies ist einfach eine der vielen Diskrepanzen im Umgang mit Taten in diesem ganzen Zusammenhang, je nachdem wer dies getan hat.
Zu den Fakten zurück: Diese Thematik wurde in den Gesprächen des Referat 51 auch nicht weiter hinterfragt, vielleicht auch aufgrund der Tatsache, dass diese ohne Beteiligung des Personalrates stattfanden und nicht als personalrechtliche Gespräche, sondern als ganz einfache Mitarbeitergespräche bezeichnet wurden.
Und im Kern greift an der Stelle auch ein anderer Vorwurf, den Wolfgang Meyer nochmal auf den Punkt brachte: Alle Gespräche wurden offen geführt. Neben denen zu den Ferienfreizeiten gab es auch welche zu Überbelegungen, die auch an die Personalabteilung gemeldet wurden. Wäre es nicht sinnvoller gewesen vielleicht durch die Wirtschaftsprüfer oder andere neutrale Personen anonyme Gespräche zu führen, um den Mitarbeitern die Sicherheit zu geben alles auszusagen ohne personelle Konsequenzen zu fürchten? Welcher Mitarbeiter würde denn in der momentanen Situation zugeben, wenn er etwas von systematischen Überbelegungen oder anderen Fehlern im Jugendamt wusste und am Ende personelle Konsequenzen aufgrund dieses Wissen fürchten muss? Vielleicht gar vor einem Hintergrund, dies auch an höhere Stellen gemeldet, aber ignoriert worden zu sein?
Nochmal: Das ist alles Spekulation. Mir geht es nicht um den einzelnen Sacharbeiter, der unter Druck etwas abarbeiten musste, wo man vielleicht selber auch unsicher war oder gar unter Druck gesetzt wurde. Aber der Zweifel, ob diese Form der Befragung die Möglichkeit wirklicher Aufklärung gebracht hat, ist mir erhalten geblieben.
Vielleicht gibt es da noch neues, denn Burkhard Wüllscheidt hatte für die GRÜNEN lange nach Dokumentationen dieser Gespräche gefragt und eine Akteneinsicht in den Raum gestellt.
Zwischenfazit
Aber selbst wenn dem so wäre, bleibt die Frage, wie es weitergeht. Der Ausschuss gestern begann schon mit einem Statement durch den eigentlich schon nicht mehr da sein wollenden AUF Vertreter, in dem er die Nutzlosigkeit des Ausschusses darstellte, es wurde in der Debatte mangelnder Aufklärungswille und zu strenge Regelungen der SPD und Verwaltung vorgeworfen.
Ich will jetzt noch kein Fazit ziehen, aber ich glaube mein vorheriger Abschnitt zeigt, dass ich mir eine Aufklärung auch hätte unabhängiger und proaktiver hätte vorstellen können. Neben dieser Befragung denke ich an die Diskussionen über Zeugenbefragungen, die entweder erst zur nächsten Sitzung erfolgen durften oder von der SPD zuletzt sogar mit fadenscheinigen Gründen komplett untersagt wurde. Auch bezeichnend die Ablehnung von Befragung von städtischen Mitarbeitern ohne das Angebot einer Alternative.
Zugegeben: Ich kann nicht wissen, ob da mehr heraus zu bekommen wäre. Es bleibt nur ein seltsames Gefühl, gerade weil die SPD sich von Beginn an und nun selbstherrlich auf einen Sockel hebt und meines Erachtens zu unkritisch ist. Als Beispiel: Es ist ein riesiger Erfolg des Ausschusses, dass die Überbelegung bei St. Josef deutlich wurde. Sie war systematisch, seit 2004 bekannt und ging weit über Neustart hinaus. Zunächst gab es diese für die Verwaltung nicht. Dann durch Aussagen von Hausberg und Akteneinsicht von Peter Tertocha wurde endgültig klar, dass dies nicht nur vorhanden war, sondern auch aktenkundig. Anstatt aber genauer zu klären, was dort geschah, zieht die SPD die einfache Karte: Wissmann und Fings wussten das. Okay und vielleicht noch der Sachbearbeiter in der Verwaltung. Sonst aber definitiv niemand. Und alles andere sei eine unverschämte Aussage.
Ich empfinde es als unverschämt, diese Möglichkeit so komplett auszuschließen. Nochmal: Es geht nicht um den unter Stress stehenden Mitarbeiter, der ein Kind unterbringen musste und dann froh war, wenn Wissmann oder Frings eine Unterbringung ermöglichten. Die Frage ist doch eher, wieso dieser Mangel nicht beseitigt wurde? Wer profitierte davon und wieso? Klar, da kommt von der SPD dann schnell St. Augustinus, aber auch das ist doch alles etwas kurz, wenn man die Wege nicht nachvollzieht. Im Gegenteil wird das ganze Spiel ohne klare Aussagen aus der Verwaltung verworrener.
Wenn es die systematische Überbelegung gab, diese – dass nutzten SPD und Verwaltung ja durchaus auch im Kündigungsschutzverfahren – von Frings und Wissmann organisiert wurde, wie lief dies ganz praktisch ab? Hausberg berichtete, dass Kinder, bei denen er zunächst gesagt hätte, dass dies nicht ginge, später nach Vermittlung von Frings und Wissmann doch bei ihm saßen. Woher die Idee von Mitarbeitern Frings oder Wissmann zu kontaktieren? Welcher Gedanke dahinter und gab es dabei keine Zweifel? Wie oft kam das vor? Wie wurde Druck aufgebaut? Wieso keine Alternativen geschaffen? Dieses Verbindungsstück wird von der SPD und Verwaltung ausgelassen, was es am Ende schwerer macht überhaupt zu verstehen, wie solche Abläufe passieren konnten.
Und ich glaube, dass sich diese Blockade am 23. Juni rächen wird. Es fehlen die Brücken zwischen Tat und Täter. Ich habe damals bei der Analyse zum „Freispruch für Frings“ schon gesagt, dass es nicht um Moral geht, sondern um Straftaten und Belegbares. Wenn man die Verbindungen aber abschneidet und die Symptome (Überbelegung) mit Frings verbindet ohne sein Mittel und Handeln darstellen zu können, wird es am Ende nur bei der wirkungslosen Kündigung bleiben und damit im Prinzip bei der Feststellung, dass eigentlich nichts falsch gelaufen ist. Unglücklich vielleicht, aber nicht richtig falsch.
Und vielleicht ist das sogar so. Ich war nie ein großer Freund der großen Verschwörung der SPD, sondern nur ein Gegner der großen Blockade, die aufgebaut wurde. Dann bleibt die Frage, was man für Schlussfolgerungen zieht und was man verändert. Ich denke da hat dieser Skandal durchaus seine Wirkung. Die Jugendhilfe ist aufgeteilt worden und ob solche früher (von allen) völlig normal angesehenen Verbindungen wie 2. KSB Vorsitz und stellv. Jugendamtsleitung sich halten könnten, bleibt auch abzuwarten. Was für mich aber bei aller auch sachlichen Betrachtung bleibt, ist ein mulmiges Gefühl, dass nicht alles auf den Tisch kam. Aber gut, vielleicht kommt die Staatsanwaltschaft mit ihren Mitteln weiter.
Ende mit oder ohne Beschluss
Mist, eigentlich wollte ich nicht so lange analysieren und schreiben und mehr berichten, aber ganz ohne geht es wohl nicht. Der Ausschuss neigt sich nunmal dem Ende zu und daher kommen dann auch solche Analysen. Oder ewig lange Diskussionen um eigentlich nichts.
Jürgen Hansen von den PIRATEN – der in der letzten Sitzung eigentlich noch Peter Post als Zeugen aufrufen wollte – stellte gestern in einem längeren Redebeitrag einen Antrag vor, den Ausschuss aufzulösen. Am 7.7. wolle er den im Rat stellen. Der Ausschuss brächte nichts neues ans Licht und sei in erster Linie eine Zeit- und Geldverschwendung.
Zu dem Zeitpunkt klang das nach einem sofortigen Ende, was von Burkhard Wüllscheidt (GRÜNE) und Sascha Kurth (CDU) in den ersten Beiträgen danach sofort zurückgewiesen wurde. Zu einer Aufklärung gehöre es eben auch einen vernünftigen Bericht zu machen. Die Darstellung von Hansen sei Selbstinszenierung. Die SPD unter Fraktionsvorsitzenden Haertel zeigte sich wenig überrascht, hatte im Vorfeld aber auch schon darauf hingewiesen, dass man sich im Kreis drehe. Natürlich brauche es einen Abschlussbericht.
Eigentlich hätte man hier rückblickend aufhören können. Denn weit auseinander war man nicht. Hansen erklärte im Redebeitrag später sogar, dass er kein Enddatum im Aufhebungsbeschluss nennen wollte, wozu man sich dann wirklich nach dem Sinn des Antrages fragen muss. Aber dazu gleich mehr.
Wie gesagt: Der Konsens bestand, dass es noch einen Abschlussbericht geben müsse. Und eigentlich waren sich auch alle einig, dass nicht mehr viel zu erreichen sei. Detailfragen noch, aber man könne auf die Zielgrade gehen und die Verwaltung den Bericht vorlegen. Die SPD machte aber im Redebeitrag von Haertel direkt eine parteipolitische Sache daraus: GRÜNE und CDU wollen ihre Rassel nicht abgeben und führten sich wie kleine Kinder auf. CDU habe versucht der SPD etwas anzuhängen und dies sei nicht gelungen.
Und damit begann eine Diskussion um etwas, was eigentlich völlig banal ist. Burkhard Wüllscheidt fragte später, ob es wirklich so entscheidend sei, ob der Ausschuss nun noch zwei oder drei Sitzungen brauche. Von den sieben, die Frau Ossowski von der SPD in einem Zwischenruf (gegen die sie sich bei ihrem Redebeitrag verwahrte), redete längst keiner mehr. Aber all dies zeigte, dass es der SPD nur darum ging den anderen vorzuwerfen, sie würden etwas künstlich in die Länge ziehen. Und das nur um die arme SPD zu schaden.
Ob nun Selbstdarstellung oder nicht: Hansens Antrag war und ist wirklich unsinnig. „Leute, wir kommen hier nicht weiter, das macht keinen Sinn und kostet uns nur Zeit und der Stadt Geld und Arbeitskraft. Lasst uns zum Ende kommen und den Bericht beschließen.“ wäre der konstruktive und klare Weg gewesen auszudrücken, was er wahrscheinlich meinte. Wahrscheinlich ohne wirkliche Gegenrede und mit der Diskussion, die er erreichen wollte. Stattdessen ein „Auflösungsbeschluss“. Sorry, aber das Wort und die Präsentation seines Ansinnens hatte nicht den Eindruck gemacht von „ich habe noch kein Datum“ und „lasst uns noch einen Abschlussbericht schreiben“, sondern ganz klar von „Beerdigt das Ding“. Die SPD stellt dann einfach in den Raum, dass die anderen den Ausschuss nur in die Länge ziehen wollen um ihnen zu schaden und fertig ist ein buntes Paket aus Missverständnissen und Anschuldigungen, die sicherlich auch aufgegriffen wurden – ohne Frage.
Aber zugegeben, vielleicht ist es von oben auch alles etwas einfacher zu analysieren, als unten in der „Hitze des Gefechts“.
Wenn man sich aber nun das Ergebnis anguckt, wird deutlich: Den Antrag braucht es nicht, hätte es nicht gebraucht und die Diskussion ist trotzdem zielführend: Beschlossen wurde, dass die Stadt wenn möglich bis Mitte Juni den Entwurf eines Abschlussberichtes fertig stellt und dann am 1.7 darüber diskutiert wird. Wenn das nicht geht (aus Zeitgründen oder weil man Nachteile im Gerichtsverfahren Frings befürchtet), soll die Sitzung ausfallen und nach der Sommerpause diskutiert werden – wobei der Bericht vorher fertig sein soll.
Im optimalen Fall hat man am 1.7. also einen Abschlussbericht beschlossen, dessen Einbringung in den Rat natürlich automatisch auch ein Ende des Ausschusses bedeutet. Und trotzdem soll dieser am 7.7. den Ausschuss aufheben, obwohl der wenige Tage seine Arbeit sowieso für beendet erklärt hat? Klar, kann man alles machen, ist aber ein wenig wie ein Beschluss, dass es Weihnachten geben soll. Das kommt auch ganz automatisch ohne Beschluss.
Der einzige Unterschied mag sein, dass einige nicht auf Weihnachten warten können und darum lieber heute als morgen einen solchen Beschluss wollen. Aber auch da darf dann die Frage erlaubt sein: Wieso? Ist die eine Sitzung mehr am Ende wirklich das Problem, wenn es um Aufklärung geht? Vor allem angesichts der Lücken, die es eben noch immer gibt – ob nun gewollt oder nicht lösbar?
Ich bin parteiisch in der Frage, das ist bekannt. Und ganz ehrlich: Die Sitzungen oben auf der Besuchertribüne waren schon spannender, weil wirklich kaum neues kommt. Aber die plötzliche Eile macht mich eben trotzdem stutzig. Warum etwas beschließen, was eh in Sichtweite ist. Das Ziel des Berichtes erscheint mir so nah vor Augen, dass ein „Weihnachtsbeschluss“ für mich so aussieht, als wenn man ihn plötzlich Ende November beschließen würde, um ja nicht noch zwei Wochen warten zu müssen.
Aufklärung durch die Stimmungslage
Entscheidender ist aber etwas ganz anderes. Sascha Kurth hat gestern mehrmals darauf hingewiesen, dass es in dem Ausschuss nicht nur um Aussagen geht. Es geht auch um die Gründe für Absagen und den Umgang miteinander. Und der bleibt jetzt auch im Abschluss noch auf der Strecke. Haertel mag zwar meinen, dass es im Rat eigentlich keine Opposition gäbe, aber faktisch spielt seine Partei die Mehrheitsrolle eben zu gut aus und das unsouverän. Anstatt anzuhören, wie CDU und GRÜNE denn weitermachen wollen, als sie gegen den Auflösungsbeschluss von Hansen sprachen (zu dem Zeitpunkt war von einem Bericht und einer unklaren Terminierung noch keine Rede), wurde gleich ein Vorwurf in den Raum gestellt, dass man dies nur tun wolle, um der armen SPD zu schaden und in die Länge zu ziehen.
Und noch eine Aussage fand ich spannend: Als Burkhard Wüllscheidt den unkorrekten Umgang mit der Überbelegung ansprach, wies Haertel ihn darauf hin, dass an der Spitze des Jugendbereiches Dr. Manfred Beck stehe – auch ein GRÜNER. Nichts inhaltliches, nur das. Und da muss man sich auch fragen: Wieso? Ist es Politik der SPD zuerst auf das Parteibuch und dann auf die Tat zu gucken? Dann stellt sich nämlich schon die Frage, ob dieser Skandal auch so passiert wäre, hätten Wissmann und Frings ein CDU Parteibuch gehabt.
Worauf ich hinaus will: So leid es mir tut und auch wenn die Beweise für irgendetwas fehlen, beruhigt die Stimmungslage und das arrogante und unsouveräne Auftreten der SPD – auch durch ständige Zwischenrufe – mich in keinster Weise, dass wirklich so gut wie möglich aufgeklärt wurde. Ich will nicht mal behaupten, dass die Opposition viel souveräner war in allen Teilen. Trotzdem glaube ich, dass ein souveränerer Auftritt der SPD und manchmal vielleicht etwas weniger Machtspielchen und Angriffe dazu geführt hätte, dass man am Ende nicht das Gefühl hat, selbst diese Scheindiskussion über das Ende des Ausschuss sei auch nur der Versuch schnell etwas nerviges loszuwerden. Aber ich komme schon wieder ins Fazit und höre darum lieber auf…